„Die Frauen sollen in den Gemeindeversammlungen schweigen“: 1 Kor 14,33b-35 und 11,5 vor dem Hintergrund der antiken jüdischen Kultur, in: Mit der Bibel – Für die Praxis. Beiträge zu einer praktisch-theologischen Hermeneutik, Hg. Ph. Bartholomä/S. Schweyer, Gießen 2017, 59-76
„Als entscheidend für die Interpretation der beiden umstrittenen Aussagen in 1 Kor 11 und 14 hat sich die antike Unterscheidung zwischen dem öffentlichen und dem privaten bzw. häuslichen Raum erwiesen, die für die antike Definition männlicher und weiblicher Rollen und Rechte grundlegend war. Wie die Interpretation von 1 Kor 11,5 und 14,33b‑35 vor diesem kulturellen Hintergrund gezeigt hat, waren die Aussagen des Apostels Paulus erheblich restriktiver gemeint als manche Exegeten annehmen. In 1 Kor 14,33b‑35 hat Paulus den weiblichen Mitgliedern seiner Gemeinden in Übereinstimmung mit der jüdischen Sitte Wortbeiträge in öffentlichen Gemeindeversammlungen grundsätzlich untersagt. Dieses Verbot vertrat er so konsequent, dass er Christinnen sogar verbot, in öffentlichen Gemeindeversammlungen Fragen zu stellen. In 1 Kor 11,5 ist Paulus nicht von dieser strengen Linie abgewichen, sondern hat weiblichen Gemeindegliedern nur für den privaten bzw. häuslichen Raum (implizit) erlaubt, sich mit Wortbeiträgen an christlichen Zusammenkünften zu beteiligen. Auch diese tat er in Übereinstimmung mit der jüdischen (bzw. antiken) Sitte. Für Leser des Neuen Testaments, die die Heilige Schrift als die höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung betrachten, stellt sich die Frage, wie sie mit den Aussagen diesen Apostels Paulus über das Reden und Schweigen von Frauen umgehen sollen …“ (download)