Heiligung bei Paulus

Rez. Hanna Stettler, Heiligung bei Paulus, Ein Beitrag aus biblisch-theologischer Sicht. WUNT 2/368. Tübingen: Mohr, 2014, in: Theologische Beiträge 46 (2015) 259-260:

„Paulus hat den Anteil des Menschen an der Heiligung anders bestimmt als die Reformatoren und die lutherische Orthodoxie. Diese These vertritt Hanna Stettler in ihrer Habilitationsschrift, die im Januar 2008 von der Ev.-theol. Fakultät der Universität Tübingen angenommen wurde …“ (download)

Wie hoch ist die synoptische Christologie?

Wie hoch ist die synoptische Christologie? Die implizite Christologie der Synoptiker und die explizite Christologie des Johannesevangeliums im Vergleich, in: Gott als Mensch. Christologische Perspektiven. Hg. R. Hille. Gießen: Brunnen, 2015, 33-95:

(Fazit:) „Solange der Blick des Lesers sich auf die christologische Terminologie der Evangelien richtet, scheint das Johannesevangelium eine wesentlich höhere Christologie zu enthalten als die Synoptiker. Denn es ist viel reicher an Sohnes- und Vater-Worten Jesu als die synoptischen Evangelien. Diese Vater-Sohn-Terminologie hat sich in der Christenheit durchgesetzt. Im Apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir unseren Glauben an Gott und „an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn“. Nicht zuletzt durch den Einfluss des Johannesevangeliums hat sich dieser Sprachgebrauch fest etabliert.

Als Bibelleser, die ihre Christologie ganz johanneisch formulieren, müssen wir aber Acht geben, die Christologie vorjohanneischer Texte nicht daran zu messen, wie stark sie von der Vater-Sohn-Terminologie gesättigt sind. Sobald der Exeget nämlich durch die terminologische Oberfläche hindurchschaut und die christologische Substanz der Evangelien in den Blick nimmt, verflüchtigt sich der scheinbare christologische Niveauunterschied. Das vierte Evangelium enthält keine höhere Christologie als die synoptischen Evangelien. Jesus wird nicht nur im Johannesevangelium, sondern auch bei den Synoptikern als der Messias und der einzigartige Gottessohn dargestellt, der von Gott gesandt wurde, um Gott vollständiger als bisher zu offenbaren, den Anspruch erhebt, über Heil und Unheil zu entscheiden, und seine göttliche Autorität durch eigenständige Wundertaten beweist. Jesus erhebt und begründet bei den Synoptikern denselben übermenschlichen Hoheitsanspruch wie bei Johannes – mit Ausnahme des Präexistenzgedankens, der sich nur bei Johannes findet.

Meines Erachtens sollte man den Unterschied zwischen der johanneischen und der synoptischen Christologie nicht mit dem Gegensatzpaar „menschlich – göttlich“ beschreiben, sondern mit den Adjektiven „implizit“ und „explizit“ . Bei Johannes bedient Jesus sich einer viel expliziteren christologischen Terminologie als bei den Synoptikern. Bei den Synoptikern ist der hohe christologische Anspruch Jesu zwar vorhanden aber terminologisch schwächer markiert, während er bei Johannes auch terminologisch unübersehbar ist. Bei Johannes bringt Jesus seine göttliche Identität stärker auf den Begriff als bei den Synoptikern. Die implizite Christologie der Synoptiker und die explizite Christologie des Johannes unterscheiden sich zwar im Wortlaut, sind aber inhaltlich auf derselben theologischen Hochebene angesiedelt“.

Jeder Text ist Kind seiner Zeit (1 Kor 11,5-6)

Jeder Text ist Kind seiner Zeit. Wie die damalige Kultur Bibeltexte beeinflussen konnte, in: Dem Wort Gottes auf der Spur. 21 Methoden der Bibelauslegung. Hg. U. Wendel. Witten: SCM, 2015, 118-126

(Fazit:) „Das ethische Prinzip, das Paulus in 1 Kor 11,5-6 mit aller Kraft verteidigt hat, bleibt zeitlos gültig und ist heute mindestens so wichtig wie vor 2000 Jahren: Christen müssen in aller Eindeutigkeit für die Unverletzlichkeit der Ehe einstehen. Aber die Formen und Zeichen, mit denen sie dies tun, wandeln sich. Würden wir den Apostel ins 21. Jahrhundert beamen und fragen, ob er findet, dass das weibliche Kopftuch ein geeignetes Mittel ist, um sein Anliegen zu transportieren – er würde bestimmt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Und er würde uns sicher dazu auffordern, unsere unaufgebbaren christlichen Grundüberzeugungen nicht in einer überholten Zeichensprache, sondern kultur- und zeitgemäß zu vermitteln. Außerdem würde Paulus uns wohl daran erinnern, dass wir es so ja ganz zu Recht auch mit anderen neutestamentlichen Anweisungen halten: einander mit dem „heiligen Kuss“ zu grüßen (1 Kor 16,20 u. ö.), auf aufwendige Frisuren, teure Kleider und wertvollen Schmuck zu verzichten (1 Petr 3,3 u. ö.) oder beim Beten die Hände zu erheben (1 Tim 2,8). In allen diesen Fällen hilft die Kontextualisierung, den Sinn einer biblischen Anweisung auch unter veränderten Bedingungen, wenn die kulturelle Form nicht mehr passt, zu verstehen und zu befolgen“.

Die Bibel ist inspiriert – was heißt das und was nicht? Ein Interview

Die Bibel ist inspiriert – was heißt das und was nicht? – Ein Interview, in: Bibel und Gemeinde 2/15 (2015) 43-56:

Inspiration ist interessanterweise ein Begriff, der in der Bibel selbst gar nicht so oft vorkommt. Wenn wir nachlesen wollen, wo wir diesen Begriff finden, dann stoßen wir in der lateinischen Fassung (der Vulgata) auf genau zwei Stellen, in 2 Tim 3,16 und in 2 Petr 1,21. In diesen zwei Stellen kommt das entsprechende Wort vor und sonst nicht. Diese Beobachtung könnte einen auf die Idee bringen: Zur Bibelinspiration lässt sich nicht viel sagen. Was das ist, kann man auch gar nicht genau erklären, weil die Bibel selbst ja nichts dazu sagt …

Warum die Bibel das mächtigste Buch der Welt ist

Warum die Bibel das mächtigste Buch der Welt ist, in: Idea Spektrum 42 (2014) 34-35:

„… Normale moderne Bibelleser, an denen man exemplarisch ablesen könnte, warum die Bibel bis in die jüngste Gegenwart eine so gewaltige Wirkung entfaltet, kommen nicht vor. Dabei gibt es weltweit Millionen Menschen, denen aus den Blättern dieses uralten Buches die Frische und Reinheit der ewigen Welt Gottes entgegenraschelt (C. S. Lewis). Darin liegt die einzigartige Macht der biblischen Texte. Und darin, dass sie die Kraft haben, ihre Leser schon auf dieser Seite der Wirklichkeit frischer und reiner zu machen. Diese Überzeugung muss man nicht teilen. Aber warum die Bibel bis heute das mächtigste Buch der Welt ist, kann man nicht erklären, wenn man diese spirituelle Dimension vollständig ausspart“.

Paul’s Conflicting Statements on Female Public Speaking and Silence

Paul’s Conflicting Statements on Female Public Speaking and Silence, in: Tyndale Bulletin 65 (2014) 247-274:

(Abstract) How could in 1 Corinthians women at the same time be permitted to prophecy (1 Cor. 11:5) and prohibited from asking questions (1 Cor. 14:34-35)? Read against their ancient cultural background the two texts reveal a common basic principle which lies behind both of them. According to Paul, female public speaking without male consent was unacceptable (1 Cor. 14:34-35) whereas female public speaking with male consent was tolerable if female chastity was preserved (1 Cor. 11:5).

Review of Bart Ehrman, Forgery and Counterforgery

Review of Bart D. Ehrman, Forgery and Counterforgery: The Use of Literary Deceit in Early Christian Polemics. Oxford: University Press, 2012, in: Novum Testamentum 56 (2014) 428-431:

… Ehrman has rightly joined the growing number of scholars who have raised substantial doubts regarding the (once) popular thesis of innocent ancient pseudepigraphy. At the same time, his assertion that in antiquity a text’s authenticity was assessed not on the basis of its content but always on the basis of its wording goes one step beyond what the numerous relevant sources reveal.

Does the Pericope Adulterae Have Canonical Authority? An Interconfessional Approach

Does the Pericope Adulterae Have Canonical Authority? An Interconfessional Approach, in: Bulletin for Biblical Research 24 (2014) 163-178:

(Abstract) The historicity of the event which the pericope adulterae (John 7:53-8:11) relates has not been disproved. The orthodoxy of the words of Jesus it contains also cannot be denied. If the canonicity of the pericope is determined according to the same historical and content-related criteria which the ancient church applied during the development of the canon of Scriptures nothing speaks against its canonical status. Such an assessment does not rest on an infallible and therefore binding decision of the church or its magisterium or on an internal testimony of the Holy Spirit. When the pericope adulterae is accepted into the New Testament it should not be placed between chapters 7 and 8 of the Gospel of John because it is not part of the original text of this book. Rather, it should be put after John’s Gospel, because it probably comes from the same historical root. Those who hesitate to accept the pericope adulterae as canonical can remove it from the New Testament without having to fear a serious loss. Everything the pericope has to say is also expressed several times in other places of the biblical canon. The additional benefit of the narrative of Jesus and the adulteress is not some singular ethical or theological statement. Its particular value lies in the fact that the pericope presents the forgiveness offered by Jesus to those who are condemned to death by the Mosaic law in a more elaborate, more colorful, and more pointed way than any other passage of the New Testament.