In den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte hatte kein Christ und keine christliche Gemeinde dasselbe Neue Testament wir heute. Warum enthält unser Neues Testament genau 27 Texte – und wer hat das wann festgelegt? Was für Kriterien haben bei der Abgrenzung eine Rolle gespielt? Könnte man den Umfang der Bibel heute noch reduzieren oder erweitern? Und was hätte eine Veränderung des Umfangs für Folgen?
Prof. Dr. Armin D. Baum (Freie Theologische Hochschule, Gießen) bestimmt in seinem Vortrag zunächst den historischen Ausgangspunkt des neutestamentlichen Schriftenkanons. Anschließend beschreibt er anhand antiker Quellentexte die Entstehungsgeschichte des Neuen Testaments. Zum Schluss behandelt er die theologische Frage, mit welchen Argumenten Christen heutzutage die Grenzen des Neuen Testaments begründen.
Baums Ausgangsthese lautet: Die Kanonizität der neutestamentlichen Texte ergibt sich aus der Kanonizität der Person Jesu Christi. Im Blick auf die Begründung der Kanongrenzen plädiert er dafür, sich an dem von Martin Luther eingeschlagenen Weg zu orientieren. Für Baum ist es wenigstens theoretisch denkbar, einen wiedergefundenen Paulusbrief in die Bibel aufzunehmen. Gleichzeitig hält er es für richtig, dass der Vorschlag, einen Text von Martin Luther King ins Neue Testament zu integrieren, sich nicht durchsetzen konnte.